Lilĭum

Lilĭum

Lilĭum L., Gattung der Liliazeen, Zwiebelgewächse mit schuppiger Zwiebel, beblättertem Stengel, zerstreut oder wirtelig stehenden, meist schmalen, selten gestielten breitspreitigen Blättern, sechsblätterigen, in eine Traube oder Dolde oder einzeln gestellten, abstehenden oder hängenden, selten aufrechten Blüten und dreikantiger Kapsel mit flach gedrückten Samen. 45 Arten in der nördlich gemäßigten Zone. L. giganteum Wall., vom Himalaja (zwischen 1500 und 3000 m), 3 m hoch, mit großen, gestielten, herzförmigen Blättern und 12–20 weißen, innen purpurn geflammten Blüten, wird bei uns in Gärten kultiviert. Von den Lilien mit langer, überhängender Blüte und schmalen, nichtgestielten Blättern, die sämtlich in Südostasien heimisch sind, trägt L. japonicum Thunb., aus Japan, gewöhnlich einzeln stehende, unvergleichlich schöne weiße Blüten, die bei einer Varietät rosenrot sind. Ihre Zwiebeln werden in China gegessen. L. longiflorum Thunb., ebenfalls aus Japan, trägt mehr weiße Blüten und ist wie die vorige jetzt ziemlich häufig in Gärten. Eine Varietät, L. Harrisii Carr. (Osterlilie) von den Bermudas, weicht botanisch kaum von der Stammart ab, gewährt aber in der Kultur wesentliche Vorteile und eignet sich namentlich auch zum Treiben. Sie wird auf den Bermudas in großen Mengen namentlich für Nordamerika kultiviert, wo sie zu Ostern ein beliebtes »glückbringendes« Geschenk für Damen ist. Zu den Lilien mit glockenförmigen, überhängenden oder aufrechten Blüten gehört die weiße Lilie (L. candidum L.), in Südeuropa von Korsika bis Persien und zum nördlichen Kaukasus, eine seit uralter Zeit beliebte Zierpflanze, die sehr leicht verwildert. Sie wird in den ältesten Gesängen der Perser und Syrer gefeiert und galt früh als Sinnbild der Unschuld und Reinheit; als solches ging sie auch in das Christentum über (erscheint dann oft ohne Staubgefäße 1), und Ludwig VII. von Frankreich nahm sie in sein Wappen auf (vgl. Lilie). Lilienorden wurden in der Folge mehrfach gestiftet, zuletzt 1814 vom Grafen von Artois (Karl X. von Frankreich; erloschen 1830). Die weiße Lilie wird 1 m hoch und trägt 5–20 weiße Blüten. Man kultiviert sie in mehreren Varietäten. Zwiebel und Blüten hat man früher als Heilmittel benutzt, auch werden die Zwiebeln im Orient gegessen. Aufrechte, rote, orangefarbene oder gelbe Blüten haben die Feuerlilien, von denen L. bulbiferum L., in Kärnten und den Österreichischen Alpen, am bekanntesten ist; sie hat orangerote, braun punktierte Blüten und trägt gewöhnlich in den Blattwinkeln zahlreiche kleine Zwiebeln, durch die sie vermehrt werden kann. Mehr safranfarbig ist L. croceum Chaix. (Safranlilie), aus Südfrankreich, während L. dauricum Gawl., aus Südsibirien, eine Dolde mennig- oder orangeroter Blüten und unter diesen einen Blattquirl trägt. L. speciosum Thunb. (L. lancifolium hort.), aus Japan, mit überhängender, ursprünglich weißer, häufig rot gefleckter Blume und am obern Teil etwas zurückgebogenen Blumenblättern, wurde durch v. Siebold aus Japan eingeführt, fand große Verbreitung in den Gärten, wird jetzt aber, so schön sie ist, nur noch in einigen Gegenden gesehen. L. auratum Lindl. (Goldbandlilie, s. Tafel »Zierpflanzen II«, Fig. 7), aus Japan, über 1 m hoch, mit über 13 cm langen, weißen, rotbraun punktierten Blumenblättern, auf deren Mittelnerv eine gelbe Binde verläuft, wird in mehreren Varietäten kultiviert. Da aber eine längere Kultur in Europa nur ausnahmsweise gelingt, werden jährlich viele hunderttausend Zwiebeln aus Japan eingeführt. In Japan gewinnt man aus den Zwiebeln Stärkemehl. Zu den Türkenbundarten mit stark zurückgerollten Blumenblättern gehört die Tigerlilie (L. tigrinum Gawl.), aus China und Japan, die an der Spitze des 2 m hohen Stengels zahlreiche feuerrote, schwarz punktierte Blüten in pyramidaler Rispe und in den Blattwinkeln kleine Zwiebeln trägt. Die Zwiebel schmeckt bitter, sie wird in Japan mit Wasser abgekocht und mit Zucker versüßt, auch als Salat und mit Reis gegessen. L. Martagon L. (Türkenbund, Gelb-, Goldwurz), in Mittel- und Südeuropa bis Sibirien und Japan, wird 1 m hoch, hat quirlförmig gestellte Blätter und rotbraune, selten weiße, innen braun punktierte, überhängende Blüten in endständiger, lockerer Traube. Die gelbe Zwiebel wird in Sibirien gegessen und wurde früher auch arzneilich benutzt. Dieser Art steht L. superbum L., aus Nordamerika, nahe, die 2 m hoch wird, ebenfalls quirlförmig gestellte Blätter besitzt und auf gutem Boden bis zwölf scharlachrote, im untern Teil gelbe, purpurrot punktierte Blüten trägt. Lilien werden hauptsächlich in Südcarolina und auf den Bermudas, in Südfrankreich und auf den Scillyinseln kultiviert. Die größte Rolle spielen sie in Japan, von wo jährlich 5 Mill. Zwiebeln ausgeführt werden. Vgl. Cannart d'Hamale, Monographie de lis (Mecheln 1870); Duchartre, Observations du genre lis (im »Journal de la Société d'horticulture de Paris«, 1870); Elwes, Monographia liliorum (London 1880); Rümpler, Die schönblühenden Zwiebelgewächse (Berl 1882).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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